Obwohl so viel Wissen über gelingende Zusammenarbeit vorhanden ist wie noch nie, werden die Probleme in der Arbeitswelt grösser! Immer mehr Menschen fühlen sich überfordert, gestresst, sind unzufrieden mit ihrer Arbeit, immer mehr Unternehmen stehen unter Druck oder stecken in Projekten fest und kommen in ihren Transformationsbemühungen nicht weiter. Dabei verstehen wir unter guten Zusammenarbeit das Gegenteil. Der Gap zwischen Wissen über die Hintergründe von guter Zusammenarbeit und der Realität schafft bei allen Beteiligten Frustration bis hin zu Resignation. Zusammenarbeit kann gesteuert werden - gute Zusammenarbeit ist kein Zufall! Unsere 4 Inspirationsfragen für bessere Umsetzung in der Praxis.

Dies fragte mich ein CEO im Rahmen unseres Sparring-Austauschs und bemerkte, dass es doch schon beim Papiertaschentuch beginne, welches im Flur auf dem Boden liegt und manchmal sich jemand bücken würde, um es aufzuheben und wegzuschmeissen und manchmal eben auch nicht.
Wofür steht denn dieses liegengebliebene Papiertaschentuch?
Für eine verbesserungswürdige Strategie, Struktur oder Kultur oder gute Zusammenarbeit? Das Taschentuchphänomen wird in den meisten Fällen als unlösbar akzeptiert, denn „Practice eats Theory for breakfast“ oder Wissen ist nicht Handeln: Gute Zusammenarbeit braucht beides!
Das Aufheben oder Ignorieren eines herumliegenden Papiertaschentuchs kann viel über die Unternehmenskultur aussagen. Wenn die meisten es aufheben, könnte das auf ein Umfeld hindeuten, in dem sich die Mitarbeiter um ihre Umgebung kümmern und Verantwortung übernehmen, was wir als gute Zusammenarbeit einstufen. Wenn es jedoch oft ignoriert wird, kann dies auf eine lockere Einstellung gegenüber Sauberkeit und Ordnung hindeuten, was nicht zwingend auf eine schlechte Zusammenarbeit zurückzuführen ist.
Unser Papiertaschentuchbeispiel muss nicht als Faulheit oder Gleichgültigkeit einzelner Personen angesehen werden, denn die allgemeine Arbeitsunzufriedenheit und die damit einhergehende Identifikation kann genauso ursächlich sein. Oder die Tatsache, dass unerwünschtes Verhalten kopiert wird. Menschen, die dysfunktionales Verhalten bei anderen beobachten, tendieren selber dazu, sich vermehrt dysfunktional zu verhalten. Dies verdeutlicht ein Experiment des amerikanischen Psychologen und Marketing Professors Cialdini:
Er wollte herausfinden, unter welchen Umständen Menschen ihre Umgebung verschmutzen würden oder nicht. Das Forschungsgebiet, eine Autogarage, wurde einmal stark von den Forschern mit Müll bedeckt, einmal war es komplett sauber. Den Probanden wurde ein Flyer am Scheibenwischer ihres Autos hinterlegt. Im sauberen Umfeld warfen 14% das Flugblatt zu Boden; im verdreckten Umfeld 32% (vgl. Cialdini, 1990, S. 1015 ff.).
Insgesamt kann ein Papiertaschentuch ein Indikator für den gemeinsamen Respekt und die Zusammenarbeit im Unternehmen sein also auch für gute Zusammenarbeit.
Wenn bestimmte Aufgaben im Unternehmen nicht angemessen anerkannt werden, kann dies zu einem Ungleichgewicht in der Verteilung dieser "unsichtbaren" Arbeiten führen. Diejenigen, die sich regelmässig darum kümmern, könnten sich unterbewertet fühlen, während andere vielleicht nicht einmal bemerken, dass diese Arbeiten erledigt werden. Gute Zusammenarbeit spiegelt sich in einer positiven Unternehmenskultur und erkennt und schätzt solche Anstrengungen, unabhängig davon, wie scheinbar klein oder unsichtbar sie sind. Es geht darum, die gemeinsame Verantwortung für das Wohlbefinden des Teams zu fördern.
Wenn wir von guter Zusammenarbeit sprechen, tun wir deshalb gut daran den Kontext zu betrachten und diesen zu hinterfragen. Erst dann können Hypothesen abgeleitet werden und entsprechende Interventionen ausprobiert werden. Schliesslich kann sich ein gewünschtes Verhalten über Jahre genauso manifestierten wie ein ungewünschtes. Die Frage ist, ob das herumliegende Taschentuch ein Dauerbrenner bleiben soll.
Wer näher an das Thema der guten Zusammenarbeit und der einhergehenden Unternehmenskultur rücken will, tut gut daran, über die Zusammenarbeit zu sprechen. Der Diskurs mit der Frage, was denn überhaupt gute Zusammenarbeit ist, ersetzt jede Theorie und liefert jede Menge Erkenntnisse. Wer allerdings glaubt, dass eine einmalige Aktion Wirkung erzielt wird, liegt falsch. Jede Gelegenheit muss genutzt werden, um Zusammenarbeit zum Thema zu machen, weil die Anforderungen an diese dem stetigen Entwicklungsprozess des Marktes, der Technologie oder der organisationalen Reife unterliegen. Jedes Team sollte für sich festlegen, was „gut“ aktuell bedeutet und mit Blick auf künftige Anforderungen an neue Kompetenzen denken, die gelernt werden wollen.
Hier Beispiele, wie Diskursgelegenheiten über gute Zusammenarbeit genutzt werden können:
Das Thema hinter dem Thema von guter Zusammenarbeit ist Raum, Gelegenheiten und Offenheit schaffen, um im Austausch ein gemeinsames Verständnis für gute Zusammenarbeit zu schaffen.
Der Ausdruck „banal“ wird gerne verwendet, wenn man etwas für alltäglich und nicht erwähnenswert hält. Als „trivial“ gilt allgemeinen etwas, das in geistiger oder künstlerischen Hinsicht keinen wertvollen Gehalt entdecken lässt.
Das Taschentuch steht hier für eine wichtige Metapher: Es aufzuheben ist einfach, es nicht zu tun banal, deshalb ist es für viele von uns ein triviales Thema.
Wenn wir Einfachheit, Banalität und Trivialität gleichsetzen, neigen wir dazu, komplexe Probleme oberflächlich zu betrachten und deren tatsächliche Komplexität zu unterschätzen. Genau an diesem Punkt kommt die Kompelxität der Unternehmenskultur ins Spiel. Gute Zusammenarbeit kann nämlich die Tiefe und Bedeutung von vermeintlich banalen oder trivialen Indikatoren auf erfolgsrelevante Bereiche übertragen und wichtige Informationen liefern, die einen tieferen Einblick ermöglichen:
Das Thema hinter dem Thema von guter Zusammenarbeit ist Reflexion und erkennen von Wechselwirkungen und Muster. Daraus können Hypothesen und passende Interventionen abgeleitet werden für gelingende Unternehmenskulturentwicklung.
Nur die Identifizierung von unterschiedlichen Theorien, ihren Gemeinsamkeiten und Unterschieden helfen dem Papiertaschentuchphänomen auf den Grund zu gehen und in Umsetzungkompetenz zu kommen. Womit haben wir es möglicherweise stattdessen zu tun? Es geht also um die Vernetzung verschiedener Betrachtung wie Mitläufertum, Motivationstheorien, erlernte Hilflosigkeit, Hintergründe von dysfunktionalem Verhalten, innere Kündigung, Reaktionen auf Druck und Stress, Erwartung und Erfüllung des psychologischen Vertrags, wahrgenommene Konsequenzen oder die Dauer der Betriebszugehörigkeit, um nur ein Bruchteil reziproker evidenzbasierter Verbindungen einzubringen - die durchaus mit diesem „einfachen“ Papiertaschentuch auf dem Flur in Verbindung stehen können.
Auf diese Weise können wir die verschiedenen Theorien nutzen, um ein ganzheitliches Bild von guter Zusammenarbeit und Unternehmenskultur zu zeichnen.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass gute Zusammenarbeit weder einfach, banal noch trivial ist und nicht dem Zufall überlassen werden darf. Deshalb sind genutzte Gelegenheiten mit Austausch über fruchtbare Zusammenarbeit notwendig. Wer Beobachtungen über Verhalten in den jeweiligen Kontext zu setzen vermag und kluge Ableitung von Theorie macht, Hypothesen aufstellt und daraus Interventionen ableitet. ist auf dem besten Weg gute Zusammenarbeit durch Wissen und Handeln niemals dem Zufall zu überlassen.
Herzlich,
Manuela Broz
Kulturboosterin
In der Raketenwissenschaft ist ein Booster ein Hilfstriebwerk, das der Startrakete den nötigen Schub verleiht - ein Kulturbooster ist ein Verstärker der das Potential von Unternehmen und Individuen zum Abheben bringt.
Manuela Broz begleitet seit 35 Jahren Unternehmen und Menschen in ihrer Transformation für mehr Lust auf Leistung.
www.linkedin.com/in/manuela-broz-kulturbooster
Darunter fallen Verstösse, die sich gegen rechtliche Normen richten. Beispiele sind Geldwäsche, Korruption, Vermögens- und Urkundendelikte, Insider- und Börsendelikte oder Wettbewerbs- und Steuerdelikte. In der Schweiz verlieren Unternehmen wegen Betruges jährlich 830 Millionen Franken.
Darunter fallen Verstösse, die sich gegen moralische Prinzipien richten. Beispiele sind die Menschenrechte der Vereinten Nationen oder die zehn Prinzipien des UN Global Compact. Zu moralischen Prinzipien gehören auch unternehmenseigene Richtlinien wie Code of conduct, Corporate responsibility, Ethical Leadership oder Complience Management mit individuellen Standards und Unterthemen.
Darunter fallen Verstösse, die sich gegen das Unternehmen oder die Beteiligten richten. Da im Gegensatz zu rechtlichem Fehlverhalten die Anzeigen wegen moralischem und organisationalem Fehlverhalten nicht gemessen werden, liegen in diesem Bereich keine Zahlen vor. Welche unternehmenseigene Statistik erfasst schon all die Dinge, die in Unternehmen getan werden, aber eigentlich nicht getan werden sollten?
Die beiden Wissenschaftlerinnen Robinson & Benett unterscheiden in ihren Konzepten den Grad der Schwere, das ein Fehlverhalten auslöst und differenzieren, ob sich denn ein zugefügter Schaden an das Unternehmen oder an das Individuum richtet.
Bevor wir uns anschauen, was wir gegen Fehlverhalten unternehmen können, müssen wir die Gründe dafür kennen. Warum verhalten sich Menschen fehl? Warum verhalten sich gute Menschen unmoralisch? Einerseits gibt es individuelle personenbezogene Faktoren, dann spielen aber auch Voraussetzungen und Rahmenbedingungen sowie organisationale Faktoren eine Rolle bei der Entstehung von unmoralischem Verhalten:
Zu den individuellen Einflüssen von unmoralischem Verhalten zählen psychologische und demographische Faktoren. Eng zusammen gehören bei den psychologischen Einflüssen die Bildung und die kognitive Moralentwicklung. Zu den Charaktereigenschaften gehören Machiavellismus, Idealismus, Zivilcourage oder die Attributionstheorie. Menschen mit hohem Idealismus, persönlicher Courrage und solche, die die Zuschreibung für Erfolg und Niederlage sich selbst zu schreiben, sind tendenziell verantwortlicher und deshalb weniger anfällig für unmoralisches Verhalten. Schliesslich runden wahrgenommene Ungerechtigkeit und Arbeitszufriedenheit die psychologischen Einflussfaktoren für moralisches Verhalten ab. Zu den demographischen Einflussfaktoren von unmoralischem Verhalten gehören Alter, Geschlecht und Gesundheitszustand. So sind gesunde und langjährige Mitarbeitende gemäss Studien eher gegen Fehlverhalten immun.
Je nach Voraussetzungen und Rahmenbedingungen beeinflussen bestimmte Situationen das Fehlverhalten von Menschen:
Je besser und klarer die unternemehenseigenen Prinzipien definiert sind und in der Praxis gelebt werden, desto einfacher gelingt die positive Gestaltung von Klima und Vertrauenskultur. Ein gutes Miteinander und eine starke Vertrauenskultur haben beispielsweise einen positiven Einfluss auf das Verhalten der Unternehmensbeteiligten.
Eine Kultur des Misstrauens fördert Fehlverhalten. Mitarbeitende nehmen das moralische und ethische Klima einer Unternehmung wahr und bewerten dieses nach den Faktoren Egoismus, Wohlwollen und bestehenden Prinzipien.
Schliesslich hängt die gelingende Zusammenarbeit in der Praxis wesentlich von der Identifikation mit Zielen und Werten, Partizipation und Beziehungsgestaltung ab. Auch die Gestaltung der Lohnssysteme und die Arbeitsplatzsicherheit fallen unter die organisationalen Faktoren und können unmoralisches Verhalten beeinflussen. Grundsätzlich kann gesagt werden, wer seine Mitarbeitenden anständig bezahlt, gibt Anerkennung und Stellenwert für geleistete Arbeit und fördert die Selbstachtung und damit moralisches Verhalten in Unternehmen. Die Lohnhöhe stärkt die emotionale Verbundenheit.
So kann es sein, dass Mitarbeitende bewusst länger Pausen machen, weil sie damit die subjektiv ungerechte Entlöhnung in ein persönliches Gleichgewicht bringen wollen.
Gerade abnehmendes Engagement und reduzierte Leistung ist häufig zu beobachten in Unternehmen, die eine hohe Arbeitsplatzunsicherheit vorweisen. Verängstigte Menschen schweigen eher über Misstände.
Gelungene Beziehungen basieren auf gegenseitigem Austausch, Vertrauen, Offenheit, Respekt, Angstfreiheit, Klarheit, Wertschätzung und Verbundenheit. Somit sind sie die Basis für die Entstehung eines ethischen und moralischen Unternehmensklimas. Im Mittelpunkt von Beziehungen steht der Dialog zwischen den Menschen: So sagt uns die Kommunikationswissenschaft, dass die Inhaltsebene zwischen zwei Menschen immer der Beziehungsebene unterliegt.
Das heisst, dass die inhaltlichen Aussagen nahezu deformiert werden, wenn der richtige Draht zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden fehlt. Gemeint sind unter anderem Faktoren wie nonverbale Gesten des Nichtbeachtens, Überhörens oder leisen Geringschätzens, die niederdrücken. Die Beziehung zum direkten Vorgesetzten ist deshalb auch die Achillesferse der Arbeitszufriedenheit (vgl. Sprenger, 2012, S. 261).
Weitergefasst könnte man sagen, dass die Beziehung zum direkten Vorgesetzten das Vertrauen, die Verbundenheit, die wahrgenommene Ungerechtigkeit bzw. Fairness, Motivation, Identifikation und damit auch Arbeitsplatzsicherheit und Arbeitsmarktfähigkeit beeinflusst. Die Einstellung, wie wir Beziehungen gestalten, wirkt sich auf unser Verhalten aus und dieses wiederum beeinflusst das Verhalten anderer.
Unmoralisches Verhalten hat einen grossen Radius von Ursachen und Wirkung, steht aber in den meisten Bereichen in Korrelation mit der Qualität der Beziehungen in Unternehmen.
Deshalb kann – auch unter Berücksichtigung der oben beschriebenen Punkte von Fehlverhalten allgemein von der These ausgegangen werden, dass gute Beziehungen moralisches Verhalten und schlechte Beziehungen unmoralisches Verhalten fördern.
Die amerikanischen Autoren Jennifer Kish-Gepart, David Harrison und Linda Klebe Treviño haben in den letzten 30 Jahren aus 170 Studien der psychologischen Forschung eine Metastudie zum Thema „Sources of Unethical Decisions at Work“, also Gründe für unmoralisches Verhalten erarbeitet. Mit Daten von knapp 44 000 Teilnehmenden haben sie das breite Feld der Gründe und Einflussfaktoren in die drei ausschlaggebenden Faktoren eingeteilt: bad apples (individuelle), bad cases (moralische) und bad barrels (organisationale) moralische Entscheide:

Die Übersicht der ausschlaggebenden Faktoren zeigt die Breite von Ursachen für unmoralisches Verhalten auf. Dennoch ist die Auflistung der Gründe nicht vollständig. „Nichtsdestotrotz kann es sein, dass schädigendes Verhalten aus Langeweile oder Spass entsteht“.
Die alte Weisheit, dass ein fauler Apfel die gesunden verdirbt, kommt nicht von ungefähr: Schlechte Angewohnheiten können sich verbreiten, anstecken oder kopiert werden ohne sie zu hinterfragen. Gerade neue Mitarbeitende, die sich anpassen wollen, übernehmen Handlungen von anderen, weil "man es hier so macht".
Die qualitative Schlecht-Erfüllung individueller, moralischer und organisationaler Faktoren fördert die Entstehung von unmoralischem Verhalten. Die qualitative Gut-Erfüllung fördert moralisches Verhalten. Deshalb kann zur Beantwortung der Frage, was die Entstehung von unmoralischem Verhalten am Arbeitsplatz fördert, auch im Umkehrschluss der Fokus auf die Förderung von moralischem Verhalten gerichtet werden, dazu abschliessend zehn Thesen:
Deshalb sind regelmässige Gesundheitschecks für Organisationen mit dem Fokus auf die Unternehmenskultur unabdingbar. Schliesslich gehen wir auch regelmässig zu einem Gesundheitscheck und lassen unseren Zustand von einer Fachperson bewerten. Oder?
Viel Freude beim Lernen, Ausprobieren, Anpassen & Verfeinern!
Manuela Broz
Kulturboosterin
In der Raketenwissenschaft ist ein Booster ein Hilfstriebwerk, das der Startrakete den nötigen Schub verleiht - ein Kulturbooster ist ein Verstärker der das Potential von Unternehmen und Individuen zum Abheben bringt.
Zur Autorin:
Manuela Broz begleitet seit 35 Jahren Unternehmen und Menschen in der Stärkung ihres Potentials mit Führung und Kulturberatung.
Sie bietet Coaching und Trainings für künftige und gestandene Führungskräfte, die ihre Transformationsrolle mit geschärftem Blick für unternehmerische und kulturelle Zusammenhänge verstehen und mit ansteckender Begeisterung umsetzen wollen.
Mehr Informationen auf kulturbooster.com
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