Zürich: Marc steht jeden Morgen um 6.47 Uhr an der S-Bahn Haltestelle auf dem Weg zu seiner Arbeit. Jeden Morgen sieht er zur selben Zeit eine junge hübsche Frau. Sie steigt an der gleichen Stelle ein und verlässt die S-Bahn drei Stationen vor ihm. Er ist fasziniert von ihrer Ausstrahlung und ihren schönen Augen und merkt, dass er in letzter Zeit immer öfter an sie denkt. Jeden Morgen denkt er sich: Ich werde sie ansprechen. Jeden Morgen lässt er es bei seiner Absicht, weil er sich doch nicht traut, Angst davor hat, sich zu blamieren und doch nicht so richtig weiss, wie er sich anstellen soll, ohne plump zu wirken. Eines Morgens lächelt ihm die Unbekannte kurz bevor sie ausstieg zu, so dass sich Marc ans Herz fasst und die Entscheidung fällt, diese unglaublich hübsche Frau am darauffolgenden Tag endlich anzusprechen.
Am nächsten Morgen ist Marc super nervös und wartet ungeduldig auf die Begegnung, um sie endlich zu fragen, ob sie mit ihm einen Kaffee trinken kommt. Doch die Frau steht nicht am Bahnsteig! Auch am darauffolgenden Tag kommt sie auch nicht. Marc ist völlig verzweifelt, er hat die Frau nie mehr gesehen, obwohl er jeden Tag nach ihr Ausschau hielt. Vielleicht hat sie ihren Job oder ihren Wohnort gewechselt; die Wahrscheinlichkeit, dass er ihr nochmals begegnen wird, ist gegen Null gerutscht. Hätte Marc sich also früher ans Herz gefasst, hätte er mindestens die Möglichkeit gehabt, zu erfahren, ob die schöne Unbekannte ihn auch hätte kennenlernen wollen. Stattdessen denkt er noch Monate an sie und malt sich aus, wie schön ein Leben mit ihr und gemeinsamen Kindern hätte sein können. Das Leben besteht aus verpassten Chancen!
Wir verpassen Chancen, weil wir uns nicht trauen, nicht mutig genug sind, die Anstrengung scheuen, zu wenig unternehmerisch denken oder schlicht, weil wir durch unser hektisches Tun abgelenkt sind um Chancen überhaupt zu erkennen und deswegen unseren Einsatz im richtigen Moment verpassen.
Für diese Situationen gibt es in der Finanzsprache sogar einen Begriff: Opportunitätskosten.
Sie entstehen dadurch, dass eine Alternative nicht genutzt wird. Sie stellen einen entgangenen Gewinn oder Nutzen dar, der bei einer Entscheidung für eine oder mehrere Alternativen im Vergleich zur besten Alternative ausbleibt. Sie stellen Kosten dar, die nicht wären, wenn man sich für eine bessere Lösung entscheiden würde. Deshalb sollten wir unsere Chancen nutzen und eine Liebesbeziehung zwischen Unternehmenskultur & Opportunitätskosten eingehen. Mangelndes Wissen über Unternehmenskultur kann teure Folgen von Entscheidungen mit sich bringen.
Basel: Sonia arbeitet in einem Team mit vier weiteren Kolleginnen und Kollegen. Vor zwei Jahren hat eine Kollegin gekündigt, weil sie sich anderswo beruflich verbessern konnte. Wegen der Pandemie und dem anstehenden Homeoffice entschieden sich die Verantwortlichen, die Stelle vorerst unbesetzt zu lassen und mal abzuwarten, wie sich das alles entwickelt.
Zu viert bestritt das Team sowohl Pandemie als auch die anfallende Arbeit. Das ging so lange gut, bis ein weiteres Teammitglied - wegen der monatelangen Überbelastung - krankheitsbedingt ausfiel. Zu dritt war jetzt richtig Stress und Druck vorhanden, so dass vor 2 Wochen ein Teamkollege das Handtuch warf. Nun hält Sonia noch zusammen mit einer Kollegin aufrecht, was es aufrecht zu halten gibt. Die verheerenden Ausmasse der Folgeerscheinungen kann sich jeder an dieser Stelle ausdenken.
Opportunitätskosten betrachtet mit der Brille der Unternehmenskultur sind wechselseitig und deshalb auch exponentiell:
Für Sonias Firma bedeutet dies, dass zwar aktuell die Löhne von 3 Vollzeitstellen „gespart“ werden und erfolgsrelevant sind, dafür aber Kosten entstehen, die zwar nicht alle messbar durchaus aber abschätzbar sind. Sie wären nicht entstanden, hätte man bei der ersten Kündigung im Team umgehend die Stelle besetzt:
Wie sieht die Bilanz aus? Wie hoch ist der Preis für diese Entscheidung? Qualitätskosten, Krankheitskosten, Demotivationskosten, Reputationskosten, Unzufriedenheitskosten, Kosten durch Wissensverlust, Fehlverhalten oder ausbleibender Entwicklung sind in der Regel um ein vielfaches teuerer, als eingesparte Lohnkosten.
Dies gilt gerade auch für Finanzabteilungen und schlaue Sparfüchse. Oftmals erkennt man erst auf den zweiten Blick, dass vermeintliche Opportunitäten teuerer sind, als angenommen. Wir zeigen hier 4 Bereiche auf, die in Unternehmen hohe Kosten verursachen und deren Ursprung in der Unternehmenskultur zu finden sind:
Mangelnde Selbstreflexion wiederum beeinflusst die Verbesserung von Transparenz, kompatiblen Werten oder guter Kommunikation. Du kannst es drehen wie du willst: Unternehmenskultur ist erfolgsrelevant, weil das Denken in Opportunitäten nur dann wertschöpfend wirkt, wenn kulturelle Wechselwirkungen einbezogen werden.
Unternehmenskultur fühlt sich immer dann richtig an, wenn der Preis für die Auswirkungen unseres Verhaltens gewollt und beabsichtigt ist und dem Unternehmen und seinen Beteiligten keinen Schaden zufügt. Dieser Anspruch und die Umsetzung in die Praxis gelingt nur, wenn Unternehmenskultur auch in Liebesbeziehung zu Kosten, Verschwendung, Verlusten und Gewinnen steht. Nur schon deshalb ist jedes wirtschaftliche und menschliche JA ein NEIN zu etwas anderem und umgekehrt. Es gilt Bewusstsein für die gesamte Belegschaft zu schaffen, denn jedes Organisationsmitglied ist im Rahmen seiner Aufgaben und seines Verhaltens Entscheidungsträger und beeinflusst damit die Opportunitätskosten.
Viel Freude beim Lernen, Ausprobieren, Verfeinern. Anpassen.
Manuela Broz
Kulturboosterin
In der Raketenwissenschaft ist ein Booster ein Hilfstriebwerk, das der Startrakete den nötigen Schub verleiht - ein Kulturbooster ist ein Verstärker der das Potential von Unternehmen und Individuen zum Abheben bringt.
Manuela Broz begleitet seit 35 Jahren Unternehmen und Menschen in der Stärkung ihres Potentials mit Führung und Kulturberatung.
Sie bietet Coaching und Trainings für künftige und gestandene Führungskräfte, die ihre Transformationsrolle mit geschärftem Blick für unternehmerische und kulturelle Zusammenhänge verstehen und mit ansteckender Begeisterung umsetzen wollen.
Mehr Informationen auf kulturbooster.com
Darunter fallen Verstösse, die sich gegen rechtliche Normen richten. Beispiele sind Geldwäsche, Korruption, Vermögens- und Urkundendelikte, Insider- und Börsendelikte oder Wettbewerbs- und Steuerdelikte. In der Schweiz verlieren Unternehmen wegen Betruges jährlich 830 Millionen Franken.
Darunter fallen Verstösse, die sich gegen moralische Prinzipien richten. Beispiele sind die Menschenrechte der Vereinten Nationen oder die zehn Prinzipien des UN Global Compact. Zu moralischen Prinzipien gehören auch unternehmenseigene Richtlinien wie Code of conduct, Corporate responsibility, Ethical Leadership oder Complience Management mit individuellen Standards und Unterthemen.
Darunter fallen Verstösse, die sich gegen das Unternehmen oder die Beteiligten richten. Da im Gegensatz zu rechtlichem Fehlverhalten die Anzeigen wegen moralischem und organisationalem Fehlverhalten nicht gemessen werden, liegen in diesem Bereich keine Zahlen vor. Welche unternehmenseigene Statistik erfasst schon all die Dinge, die in Unternehmen getan werden, aber eigentlich nicht getan werden sollten?
Die beiden Wissenschaftlerinnen Robinson & Benett unterscheiden in ihren Konzepten den Grad der Schwere, das ein Fehlverhalten auslöst und differenzieren, ob sich denn ein zugefügter Schaden an das Unternehmen oder an das Individuum richtet.
Bevor wir uns anschauen, was wir gegen Fehlverhalten unternehmen können, müssen wir die Gründe dafür kennen. Warum verhalten sich Menschen fehl? Warum verhalten sich gute Menschen unmoralisch? Einerseits gibt es individuelle personenbezogene Faktoren, dann spielen aber auch Voraussetzungen und Rahmenbedingungen sowie organisationale Faktoren eine Rolle bei der Entstehung von unmoralischem Verhalten:
Zu den individuellen Einflüssen von unmoralischem Verhalten zählen psychologische und demographische Faktoren. Eng zusammen gehören bei den psychologischen Einflüssen die Bildung und die kognitive Moralentwicklung. Zu den Charaktereigenschaften gehören Machiavellismus, Idealismus, Zivilcourage oder die Attributionstheorie. Menschen mit hohem Idealismus, persönlicher Courrage und solche, die die Zuschreibung für Erfolg und Niederlage sich selbst zu schreiben, sind tendenziell verantwortlicher und deshalb weniger anfällig für unmoralisches Verhalten. Schliesslich runden wahrgenommene Ungerechtigkeit und Arbeitszufriedenheit die psychologischen Einflussfaktoren für moralisches Verhalten ab. Zu den demographischen Einflussfaktoren von unmoralischem Verhalten gehören Alter, Geschlecht und Gesundheitszustand. So sind gesunde und langjährige Mitarbeitende gemäss Studien eher gegen Fehlverhalten immun.
Je nach Voraussetzungen und Rahmenbedingungen beeinflussen bestimmte Situationen das Fehlverhalten von Menschen:
Je besser und klarer die unternemehenseigenen Prinzipien definiert sind und in der Praxis gelebt werden, desto einfacher gelingt die positive Gestaltung von Klima und Vertrauenskultur. Ein gutes Miteinander und eine starke Vertrauenskultur haben beispielsweise einen positiven Einfluss auf das Verhalten der Unternehmensbeteiligten.
Eine Kultur des Misstrauens fördert Fehlverhalten. Mitarbeitende nehmen das moralische und ethische Klima einer Unternehmung wahr und bewerten dieses nach den Faktoren Egoismus, Wohlwollen und bestehenden Prinzipien.
Schliesslich hängt die gelingende Zusammenarbeit in der Praxis wesentlich von der Identifikation mit Zielen und Werten, Partizipation und Beziehungsgestaltung ab. Auch die Gestaltung der Lohnssysteme und die Arbeitsplatzsicherheit fallen unter die organisationalen Faktoren und können unmoralisches Verhalten beeinflussen. Grundsätzlich kann gesagt werden, wer seine Mitarbeitenden anständig bezahlt, gibt Anerkennung und Stellenwert für geleistete Arbeit und fördert die Selbstachtung und damit moralisches Verhalten in Unternehmen. Die Lohnhöhe stärkt die emotionale Verbundenheit.
So kann es sein, dass Mitarbeitende bewusst länger Pausen machen, weil sie damit die subjektiv ungerechte Entlöhnung in ein persönliches Gleichgewicht bringen wollen.
Gerade abnehmendes Engagement und reduzierte Leistung ist häufig zu beobachten in Unternehmen, die eine hohe Arbeitsplatzunsicherheit vorweisen. Verängstigte Menschen schweigen eher über Misstände.
Gelungene Beziehungen basieren auf gegenseitigem Austausch, Vertrauen, Offenheit, Respekt, Angstfreiheit, Klarheit, Wertschätzung und Verbundenheit. Somit sind sie die Basis für die Entstehung eines ethischen und moralischen Unternehmensklimas. Im Mittelpunkt von Beziehungen steht der Dialog zwischen den Menschen: So sagt uns die Kommunikationswissenschaft, dass die Inhaltsebene zwischen zwei Menschen immer der Beziehungsebene unterliegt.
Das heisst, dass die inhaltlichen Aussagen nahezu deformiert werden, wenn der richtige Draht zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden fehlt. Gemeint sind unter anderem Faktoren wie nonverbale Gesten des Nichtbeachtens, Überhörens oder leisen Geringschätzens, die niederdrücken. Die Beziehung zum direkten Vorgesetzten ist deshalb auch die Achillesferse der Arbeitszufriedenheit (vgl. Sprenger, 2012, S. 261).
Weitergefasst könnte man sagen, dass die Beziehung zum direkten Vorgesetzten das Vertrauen, die Verbundenheit, die wahrgenommene Ungerechtigkeit bzw. Fairness, Motivation, Identifikation und damit auch Arbeitsplatzsicherheit und Arbeitsmarktfähigkeit beeinflusst. Die Einstellung, wie wir Beziehungen gestalten, wirkt sich auf unser Verhalten aus und dieses wiederum beeinflusst das Verhalten anderer.
Unmoralisches Verhalten hat einen grossen Radius von Ursachen und Wirkung, steht aber in den meisten Bereichen in Korrelation mit der Qualität der Beziehungen in Unternehmen.
Deshalb kann – auch unter Berücksichtigung der oben beschriebenen Punkte von Fehlverhalten allgemein von der These ausgegangen werden, dass gute Beziehungen moralisches Verhalten und schlechte Beziehungen unmoralisches Verhalten fördern.
Die amerikanischen Autoren Jennifer Kish-Gepart, David Harrison und Linda Klebe Treviño haben in den letzten 30 Jahren aus 170 Studien der psychologischen Forschung eine Metastudie zum Thema „Sources of Unethical Decisions at Work“, also Gründe für unmoralisches Verhalten erarbeitet. Mit Daten von knapp 44 000 Teilnehmenden haben sie das breite Feld der Gründe und Einflussfaktoren in die drei ausschlaggebenden Faktoren eingeteilt: bad apples (individuelle), bad cases (moralische) und bad barrels (organisationale) moralische Entscheide:

Die Übersicht der ausschlaggebenden Faktoren zeigt die Breite von Ursachen für unmoralisches Verhalten auf. Dennoch ist die Auflistung der Gründe nicht vollständig. „Nichtsdestotrotz kann es sein, dass schädigendes Verhalten aus Langeweile oder Spass entsteht“.
Die alte Weisheit, dass ein fauler Apfel die gesunden verdirbt, kommt nicht von ungefähr: Schlechte Angewohnheiten können sich verbreiten, anstecken oder kopiert werden ohne sie zu hinterfragen. Gerade neue Mitarbeitende, die sich anpassen wollen, übernehmen Handlungen von anderen, weil "man es hier so macht".
Die qualitative Schlecht-Erfüllung individueller, moralischer und organisationaler Faktoren fördert die Entstehung von unmoralischem Verhalten. Die qualitative Gut-Erfüllung fördert moralisches Verhalten. Deshalb kann zur Beantwortung der Frage, was die Entstehung von unmoralischem Verhalten am Arbeitsplatz fördert, auch im Umkehrschluss der Fokus auf die Förderung von moralischem Verhalten gerichtet werden, dazu abschliessend zehn Thesen:
Deshalb sind regelmässige Gesundheitschecks für Organisationen mit dem Fokus auf die Unternehmenskultur unabdingbar. Schliesslich gehen wir auch regelmässig zu einem Gesundheitscheck und lassen unseren Zustand von einer Fachperson bewerten. Oder?
Viel Freude beim Lernen, Ausprobieren, Anpassen & Verfeinern!
Manuela Broz
Kulturboosterin
In der Raketenwissenschaft ist ein Booster ein Hilfstriebwerk, das der Startrakete den nötigen Schub verleiht - ein Kulturbooster ist ein Verstärker der das Potential von Unternehmen und Individuen zum Abheben bringt.
Zur Autorin:
Manuela Broz begleitet seit 35 Jahren Unternehmen und Menschen in der Stärkung ihres Potentials mit Führung und Kulturberatung.
Sie bietet Coaching und Trainings für künftige und gestandene Führungskräfte, die ihre Transformationsrolle mit geschärftem Blick für unternehmerische und kulturelle Zusammenhänge verstehen und mit ansteckender Begeisterung umsetzen wollen.
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