Im Winter 1812 erkannte Napoleon die Unhaltbarkeit seiner Situation und die Aussichtslosigkeit seines Unternehmens erst, als er feststellte, dass seine Armee zu dezimiert war und die Ressourcen nicht ausreichten, um die Rückkehr nach Frankreich sicherzustellen. Es fehlte an warmer Kleidung und damit an Energie. Gewaltige Verluste ohne eine wirkliche Schlacht liessen das Vorhaben scheitern. Der Rest ist Geschichte.
Wie willst du Transformation & Co. schaffen, wenn fast jeder dritte Erwerbstätige erschöpft und energielos ist?
30,3 Prozent, um genau zu sein, so die jüngste Studie des Job-Stress Index Schweiz.
6,5 Milliarden Franken kostet dieser Fakt die Wirtschaft. 57% aller Fehltage aus psychischen Gründen gehen auf Konflikte am Arbeitsplatz zurück. Die deutsche Wirtschaftsleistung schrumpfte 2023 um 26 Milliarden Euro wegen Krankmeldungen (Studien Pharmaindustrie) und rutschte wohl auch dadurch in die Rezession. So viel zu den Fakten von heute.
Wir haben uns grundlegende Gedanken über den Umgang mit der Ressource Energie gemacht und spannende Ansatzpunkte für "mehr Energie-die erschöpfte Arbeitswelt" für dich und dein Unternehmen zusammengestellt:
Ausgebrannt: Jeder Dritte Erwerbstätige fühlt sich ausgebrannt
Wie sorgsam gehst du mit deiner Energie um? Hast du gewusst, dass es eine organisationale Energie gibt, und dass diese mit deiner persönlichen Energie in Wechselwirkung steht?
Die Konzepte rund um organisationale Energie stammen oft aus den Bereichen der Organisationspsychologie und Organisationsentwicklung. Eine hohe unternehmerische Energie trägt nicht nur zu einer guten Unternehmenskultur bei, sondern steigert auch die Leistungsfähigkeit und Innovationsbereitschaft einer Organisation. Der Begriff ,organisationale Energie' bezieht sich oft auf die Fähigkeit einer Organisation, Energie und Engagement ihrer Mitglieder zu mobilisieren, um gemeinsame Ziele zu erreichen. Es handelt sich dabei um die kollektive Anstrengung und Begeisterung innerhalb einer Organisation, die dazu beiträgt, dass die Mitarbeiter motiviert, zielgerichtet und produktiv arbeiten.
Erkennen lässt sich die Energie eines Unternehmens an drei Merkmalen:
In meiner Arbeit in der Führung und Kulturberatung habe ich etwa 85 Merkmale herausgearbeitet, an denen sich Energie ablesen lässt. Dazu gehören beispielsweise Innovation, Produktivität, Wertschätzung oder Flexibilität aber auch Machtverteilung oder Einbezug von Mitarbeitenden beeinflussen das Energielevel von Menschen und Unternehmen. Hier einige Merkmale, die sich leicht beobachten lassen:

Empirische Studien zeigen, dass das Ausmass an produktiver Energie einen massgeblichen Einfluss auf den Unternehmenserfolg hat. Die Intensität beschreibt die Aktivierung von mentalem, emotionalem und verhaltensbezogenem Potenzial in einem Unternehmen.
Deshalb unterscheidet die Wissenschaft hoch- und niedrigenergetische Unternehmen.
Die Qualitätsdimension gibt Auskunft darüber, ob die Energie positiv auf die gemeinsamen Unternehmensziele ausgerichtet ist, oder destruktiv genutzt wird. Berücksichtigt man beide Dimensionen, ergeben sich vier Energiezustände: Angenehme Trägheit, resignative Trägheit, korrosive Energie und produktive Energie. Das dargestellte Energiediagramm ist eine Perspektive, die ich in der Kulturanalyse einbeziehe und bis auf Stufe einzelner Führungseinheiten untersuche. Nur so lassen sich gezielte Massnahmen ableiten.

Energiediagramm zur Analyse für Unternehmen, Abteilungen oder Teams
Die unterschiedlichen Energielevels lassen sich an diversen Kriterien erkennen. Korrosive Energie äussert sich beispielsweise in Aktionismus und steigender Geschwindigkeit. Der hörbare Lärm in Grossraumbüros kann ein Indikator dafür sein. Genauso wie sich eine emotionale Anspannung auch in der Art, wie mit einander kommuniziert wird, spiegeln kann. Je nach Analyseergebnis können unterschiedliche Interventionen ausgearbeitet werden, die für einzelne Teams oder die ganze Organisation zum Einsatz kommen.
So wie du dich selbst fühlst, so beeinflusst du die Energie in deinem beruflichen Umfeld, so wie die Qualität und Intension der Energie in deinem beruflichen Umfeld ist, beeinflusst sie dein persönliches Energielevel. Alles ist Energie:
Jedes Fühlen, Denken, Sprechen und Tun ist eine persönliche Erfahrung, welche sich im Spannungsfeld von Empfindung und Emotion formt. Körperempfindungen, Emotionen, Gedanken, Worte und Handlungen sind unterschiedliche Ausdrucksformen von Energie. Lästern und Ehren ,machen' etwas, haben einen energetischen Impact. Schlecht über eine andere Person zu denken oder zu sprechen, schickt spürbar niedrig schwingende Energien ins energetische Feld. Umgekehrt sendet wertschätzende Energie hohe Schwingungen aus, die Segen und Schutz für das Energiefeld sind.
Die Energie, die Menschen bei der Arbeit verbrauchen, kann von verschiedenen Faktoren beeinflusst werden. Wenn allerdings bei 57% aller Fehltage aus psychischen Gründen auf das Konflikte am Arbeitsplatz zurückgehen, haben wir mit ungelösten oder unter den Teppich gekehrten Konflikten wohl einer der grössten Energiefresser identifiziert. Zwischenmenschliche Beziehungen am Arbeitsplatz, Stress, Druck und Konflikte können emotionale Energie beanspruchen. Körperliche Arbeit, schlechte Ergonomie am Arbeitsplatz und unzureichende Pausen können körperliche Erschöpfung verursachen. Unklare Aufgaben, ständige Unterbrechungen und ineffizientes Zeitmanagement können zu Stress und Erschöpfung führen.Fehlende Motivation, eine fehlende Verbindung zum Zweck der Arbeit und das Fehlen von persönlicher Erfüllung können die Arbeitsmoral beeinträchtigen. Und, so nehme ich es bei Rückmeldungen von Führungskräften wahr, ist eine schlechte Meetingkultur der Energiekiller schlechthin. Die meisten würden lieber an ihren Pendenzen arbeiten, als zwei Stunden Meeting absitzen, die langweilig, ineffizient, ergebnislos oder egobehaftet vonstatten gehen, als Zeitfresser angesehen werden und deshalb Energie rauben. Das Problem sind also nicht die Meetings, sondern deren Qualität.
Wer das Gefühl hat, dass die Arbeit einen Beitrag zu etwas Grossem leistet, findet darin eine Quelle der Motivation und Energie. Wer Wertschätzung durch Vorgesetzte, Kollegen und Kunden erlebt, kann die Arbeitsmoral erheblich steigern und positive Energie freisetzen.
Ein unterstützendes Team, positive zwischenmenschliche Beziehungen und eine kooperative Arbeitsatmosphäre können die Arbeitsfreude fördern. Die Aussicht auf berufliche Weiterentwicklung, Lernmöglichkeiten und persönliches Wachstum kann die Energie und das Engagement steigern. Vertrauen schafft Energie, genauso wie klare Zuständigkeiten, Abläufe oder Ordnung. Wem eine ausgewogene Balance zwischen Arbeit und Privatleben gelingt und von flexiblen Arbeitsbedingungen profitiert, kann Stress reduzieren und die allgemeine Lebenszufriedenheit erhöhen.
Unternehmen, die die Gesundheit der Mitarbeiter fördern, beispielsweise durch ergonomische Arbeitsplätze, Gesundheitsprogramme oder flexible Pausenregelungen, können dazu beitragen, die Energie und das Wohlbefinden zu steigern.
Magst du über deine eigenen Energieräuber und Energiespender nachdenken?
Dazu gehört natürlich auch die Betrachtung des privaten Bereichs: Ernährung, Bewegung, frische Luft, private Beziehungen, Gesundheit, Wohnqualität, Sexualität, Konsumverhalten, private Belastungen wie Finanzen oder Krankheit von Familienmitglieder, Schlaf, Freizeitbeschäftigung, Verpflichtungen oder die positive oder negative Energie von der Arbeit.
Die Reflexion über die eigene Energie ist der erste Schritt zu mehr Energie, denn nur wer die Hindernisse kennt, kann diese überwinden.

Selbstanalyse Energie: Daraus können Interventionen und Ziele abgeleitet werden
Wenn 30,3% der Beschäftigten erschöpft sind, 57% aller Fehltage aus psychischen Gründen auf Konflikte am Arbeitsplatz zurück gehen und die Wirtschaft dadurch mit 6,5 Milliarden Franken belastet wird, fehlt die menschliche Ressource Energie!
Über die Konsequenz müssen wir nicht mehr nachdenken, wenn wir verantwortungsvoll Wirtschaften wollen, müssen wir ins Handeln kommen!
Das Bewusstsein schaffen für die Ursachen von Energieräuber und Energiegeber ist der erste Schritt für mehr Energie. Um auf das nächste Level für mehr Energie zu kommen, bedarf es kluger Massnahmen. Um es vorweg zu nehmen, wer sich bei der Lösung nach mehr Ressourcen ausrichtet, mag zwar kurzfristig mehr Energie gewinnen. Langfristig besteht die Gefahr, dass noch mehr von dem getan wird, was schon immer getan wurde: Wo noch mehr Menschen an den gleichen Themen arbeiten, wird es mehr Konflikte geben und noch mehr Menschen werden an schlechten Meetings teilnehmen und ihre Energie verlieren. Deshalb sind Unternehmen und Mitarbeitende gefordert, einen anderen Umgang mit menschlicher Energie zu gestalten. Menschliche Energie ist beschränkt und nicht unendlich vorhanden, deshalb tun wir gut daran, wenn wir Massnahmen ergreifen, die die Qualität unseres Tuns verbessern.
Aufgaben, Projekte und Vorhaben nicht nach der Zeit, die dafür gebraucht wird analysieren, sondern nach der Energie, die verbraucht wird. Zum Beispiel nach einem selbstdefinierten Energiebarometer. Dadurch ergeben sich neue Tagesstrukturen und Ziele, die mehr der Realität von Machbarkeit und energetischer Balance entsprechen.
Die Reissleine ziehen und alles auf das notwendigste Minimum herunterfahren. Überhitzte Menschen und Systeme brauchen Abkühlung. Zugegeben, das braucht Mut. Dennoch, besser mal für 3 Monate die Öffnungszeiten etwas reduzieren oder einen Auftrag ablehnen, um Energie zu tanken und ,die Säge zu schleifen'. Danach können die Dinge mit mehr Qualität und Energie laufen. Dieser radikale Schritt ist eine zukunftsgerichtete Investition für notwendige Lernschritte und dann notwendig, wenn es nicht möglich ist, parallel Energiemanagement mit den laufenden Anforderungen zu vereinbaren.
Wo immer wieder Reibung mit den gleichen Themen aufkommen, braucht es Lösungen. Über lange Zeiträume hinweg über die gleichen Stolpersteine zu fallen, ist weitaus grösserer Energieverlust, als der Aufwand, den es benötigt, einmalig diese Stolpersteine aus dem Weg zu räumen. Lieber mit einer Sonderaktion die Hindernisse aus dem Weg räumen - im Team können solche Aktionen auch Spass machen, besonders wenns zur Belohnung nicht nur ein Danke, sondern auch Pizza mit einem erlösenden ,erledigt für alle, gibt.
Wo zu viel Energie verloren geht und Reibungsverluste ignoriert werden, entsteht Zynismus und Unzufriedenheit. Ein Ausdruck von resignativer Energie. Hier gilt es anzusprechen, dass ein Zustand dringender Änderung bedarf. Bereits das Benennen und Erkennen setzt Energie frei, so dass andere ihre Unterstützung und Hilfe anbieten, weil sie einen Nutzen daraus ziehen. Hier ist Führung gefragt, um mit dem Team Massnahmen einzuleiten, Rollen und Verantwortung zu klären und neue Formen der Optimierung zu suchen. Dies gelingt, wenn das Team in den Prozess involviert wird und vertrauensvoll darauf gebaut wird, dass andere genauso an einer guten Lösung interessiert sind.
Realistische Zeitbudgets für Aufgaben definieren und daraus die Stellenpensen berechnen. Eine Aufgabe, die so scheint mir, oft nicht mehr gemacht wird. Konkret: Alle Aufgaben, die jemand im Aufgaben- oder Stellenbeschrieb hat, auflisten. Hinter jede Aufgabe den geschätzten Zeitaufwand pro Monat in Stunden aufschreiben. Alle Stunden für die Aufgaben pro Monat addieren (Bsp.210h/Mt.). Das Arbeits-Stunden-Soll (Bsp. 169h/Mt.) in Stellenprozent ausrechnen (100:169x210= 124.26). In diesem Beispiel würde man erkennen, dass die kalkulierten Aufgaben einem 124% Stellenprozent-Pensum entsprechen.
Erwartungsmanagement ist der organisierte Austausch und das Festhalten von gegenseitigen Erwartungen für die optimale Erfüllung des Arbeitsvertrags oder Abmachungen und Vorhaben. Wem es gelingt, diesen Aspekt von Anfang an zu klären, hat Klarheit darüber, was der Vertrag ,unter dem Tisch' beinhaltet. Was wird in welcher Qualität erwartet, wo habe ich Spielraum und wie breit ist dieser abgesteckt. Wann muss ich Rücksprache halten, bis wohin gehen meine Kompetenzen, Selbstverantwortung oder Entscheidungsbefugnis. All diese Punkte sind Bestandteil des psychologischen Vertrags. Je besser die gegenseitigen Erwartungen ausgetauscht und angesprochen werden, desto weniger Missverständnisse und Konflikte können entstehen und desto weniger wird wertvolle Energie verpufft.
Aufgaben erledigen für die Tonne. So identifiziert Gunter Dueck in seinem Buch ,keine Sinnfragen, bitte!' (2022) die entzündlichsten Sinnlosigkeitsherde unserer Wirtschaftswelt. Weil irgendjemand mal auf die Idee gekommen ist, monatlich eine Statistik über XY zu erstellen, wird diese Aufgabe auch noch 10 Jahre später ausgeführt. Obwohl sie niemand braucht, keiner liest und sie keine Relevanz auf die Wertschöpfung hat. Das sind Beschäftigungsprogramme! Was ändert sich, wenn sowohl Mitarbeitende als auch Führungskräfte mit kritischem Auge solche Beschäftigungstätigkeiten entlarven? Richtig! Sie können getrost gestrichen werden, um Energie für wirkliche Arbeit freizulegen und damit Arbeit mit sinnvollen Inhalten zu füllen.
Vertrauen ist die Basis jeder Beziehung. Persönliches Vertrauen beeinflusst die Beziehungsqualität – die Beziehungsqualität beeinflusst das Vertrauen. Vertrauen entwickelt sich und beantwortet die 5 Fragen: Wer vertraut wem, worin, weshalb und wie zeigt sich das?
Vertrauen basiert auf drei Mechanismen. Wir prüfen, ob jemand das Können, also überhaupt die Fähigkeit hat, etwas zu übernehmen, ob jemand den Willen dafür aufbringt und dann schätzen wir die Person ein, um abzuwägen, wie es um das Vertrauen steht. Dabei spielt die Erfahrung, die wir mit dieser Person bereits machten oder die Reputation (was andere über diese Person sagen) eine entscheidende Rolle, ob wir Vertrauen schenken. Das Pflegen von Beziehungen fördert das Einschätzen. Menschen lernen sich besser kennen und können besser einschätzen, wem sie warum, worin, weshalb Vertrauen schenken.
Hier ist Zutrauen gemeint. Die wissenschaftliche Erklärung liegt im Pygmalion Effekt. Wenn du jemandem zutrauen schenkst und diese Person ermutigst, dass er oder sie etwas schafft, wird sich allein durch dieses Zutrauen das Verhalten dieser Person positiv auf das Ergebnis auswirken. Untersucht haben den Zusammenhang zwischen vorhandener Erwartung und entstehendem Ergebnis in den 1960er-Jahren Robert Rosenthal und Lenore Jacobson. Durch Zutrauen erfahren andere ihre Selbstwirksamkeit und werden gestärkt. Die Wechselwirkung zwischen Zutrauen und Wirksamkeit führt zu einer Kompetenzverschiebung in Unternehmen, was zu einer wirkungsvollen Energieverteilung führt.
Das ist die schlechte Nachricht; mehr Energie kommt nicht vom Himmel geflogen. Dennoch gibt es viele Möglichkeiten, sich diese zu erarbeiten und vor allem ist diese Arbeit lohnenswert: Wem es gelingt Energiemanagement von Menschen und Unternehmen in seiner Ganzheit zu fördern wird belohnt, mit Gesundheit, Zufriedenheit, Ausgeglichenheit, Kraft, Qualität und produktiver Energie. Wer den Mut aufbringt, unnötige Meetings und Beschäftigungsprogramme zu streichen und die Belegschaft in ihrer Selbstwirksamkeit zu fördern, kann zuversichtlich in die Zukunft blicken. Wer über innere Klarheit und Stabilität verfügt, kann Stürme im Aussen leichter meistern. Darin sollte das Interesse von Arbeit der Zukunft liegen.
Wenn du mehr über Führung mit Blick auf Kultur lernen möchtest und bereit bist, dich und deine Haltung besser kennenzulernen und weiterzuentwickeln, empfehle ich dir unsere Beratungs- und Trainingsangebote.
Aus 35 Jahren Fachkenntnis, Praxis, Beobachten und Umsetzung wissen wir: Schädliche Unternehmenskultur führt bei Mitarbeitenden und Kunden zu Emotionen und Reaktionen, die teuer, frustrierend und ansteckend sind - das bremst!
Herzlich,
Manuela Broz
Kulturboosterin
In der Raketenwissenschaft ist ein Booster ein Hilfstriebwerk, das der Startrakete den nötigen Schub verleiht - ein Kulturbooster ist ein Verstärker der das Potenzial von Unternehmen und Individuen zum Abheben bringt.
Manuela Broz begleitet seit 35 Jahren Unternehmen und Menschen in ihrer Transformation für mehr Lust auf Leistung.
www.linkedin.com/in/manuela-broz-kulturbooster
Darunter fallen Verstösse, die sich gegen rechtliche Normen richten. Beispiele sind Geldwäsche, Korruption, Vermögens- und Urkundendelikte, Insider- und Börsendelikte oder Wettbewerbs- und Steuerdelikte. In der Schweiz verlieren Unternehmen wegen Betruges jährlich 830 Millionen Franken.
Darunter fallen Verstösse, die sich gegen moralische Prinzipien richten. Beispiele sind die Menschenrechte der Vereinten Nationen oder die zehn Prinzipien des UN Global Compact. Zu moralischen Prinzipien gehören auch unternehmenseigene Richtlinien wie Code of conduct, Corporate responsibility, Ethical Leadership oder Complience Management mit individuellen Standards und Unterthemen.
Darunter fallen Verstösse, die sich gegen das Unternehmen oder die Beteiligten richten. Da im Gegensatz zu rechtlichem Fehlverhalten die Anzeigen wegen moralischem und organisationalem Fehlverhalten nicht gemessen werden, liegen in diesem Bereich keine Zahlen vor. Welche unternehmenseigene Statistik erfasst schon all die Dinge, die in Unternehmen getan werden, aber eigentlich nicht getan werden sollten?
Die beiden Wissenschaftlerinnen Robinson & Benett unterscheiden in ihren Konzepten den Grad der Schwere, das ein Fehlverhalten auslöst und differenzieren, ob sich denn ein zugefügter Schaden an das Unternehmen oder an das Individuum richtet.
Bevor wir uns anschauen, was wir gegen Fehlverhalten unternehmen können, müssen wir die Gründe dafür kennen. Warum verhalten sich Menschen fehl? Warum verhalten sich gute Menschen unmoralisch? Einerseits gibt es individuelle personenbezogene Faktoren, dann spielen aber auch Voraussetzungen und Rahmenbedingungen sowie organisationale Faktoren eine Rolle bei der Entstehung von unmoralischem Verhalten:
Zu den individuellen Einflüssen von unmoralischem Verhalten zählen psychologische und demographische Faktoren. Eng zusammen gehören bei den psychologischen Einflüssen die Bildung und die kognitive Moralentwicklung. Zu den Charaktereigenschaften gehören Machiavellismus, Idealismus, Zivilcourage oder die Attributionstheorie. Menschen mit hohem Idealismus, persönlicher Courrage und solche, die die Zuschreibung für Erfolg und Niederlage sich selbst zu schreiben, sind tendenziell verantwortlicher und deshalb weniger anfällig für unmoralisches Verhalten. Schliesslich runden wahrgenommene Ungerechtigkeit und Arbeitszufriedenheit die psychologischen Einflussfaktoren für moralisches Verhalten ab. Zu den demographischen Einflussfaktoren von unmoralischem Verhalten gehören Alter, Geschlecht und Gesundheitszustand. So sind gesunde und langjährige Mitarbeitende gemäss Studien eher gegen Fehlverhalten immun.
Je nach Voraussetzungen und Rahmenbedingungen beeinflussen bestimmte Situationen das Fehlverhalten von Menschen:
Je besser und klarer die unternemehenseigenen Prinzipien definiert sind und in der Praxis gelebt werden, desto einfacher gelingt die positive Gestaltung von Klima und Vertrauenskultur. Ein gutes Miteinander und eine starke Vertrauenskultur haben beispielsweise einen positiven Einfluss auf das Verhalten der Unternehmensbeteiligten.
Eine Kultur des Misstrauens fördert Fehlverhalten. Mitarbeitende nehmen das moralische und ethische Klima einer Unternehmung wahr und bewerten dieses nach den Faktoren Egoismus, Wohlwollen und bestehenden Prinzipien.
Schliesslich hängt die gelingende Zusammenarbeit in der Praxis wesentlich von der Identifikation mit Zielen und Werten, Partizipation und Beziehungsgestaltung ab. Auch die Gestaltung der Lohnssysteme und die Arbeitsplatzsicherheit fallen unter die organisationalen Faktoren und können unmoralisches Verhalten beeinflussen. Grundsätzlich kann gesagt werden, wer seine Mitarbeitenden anständig bezahlt, gibt Anerkennung und Stellenwert für geleistete Arbeit und fördert die Selbstachtung und damit moralisches Verhalten in Unternehmen. Die Lohnhöhe stärkt die emotionale Verbundenheit.
So kann es sein, dass Mitarbeitende bewusst länger Pausen machen, weil sie damit die subjektiv ungerechte Entlöhnung in ein persönliches Gleichgewicht bringen wollen.
Gerade abnehmendes Engagement und reduzierte Leistung ist häufig zu beobachten in Unternehmen, die eine hohe Arbeitsplatzunsicherheit vorweisen. Verängstigte Menschen schweigen eher über Misstände.
Gelungene Beziehungen basieren auf gegenseitigem Austausch, Vertrauen, Offenheit, Respekt, Angstfreiheit, Klarheit, Wertschätzung und Verbundenheit. Somit sind sie die Basis für die Entstehung eines ethischen und moralischen Unternehmensklimas. Im Mittelpunkt von Beziehungen steht der Dialog zwischen den Menschen: So sagt uns die Kommunikationswissenschaft, dass die Inhaltsebene zwischen zwei Menschen immer der Beziehungsebene unterliegt.
Das heisst, dass die inhaltlichen Aussagen nahezu deformiert werden, wenn der richtige Draht zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden fehlt. Gemeint sind unter anderem Faktoren wie nonverbale Gesten des Nichtbeachtens, Überhörens oder leisen Geringschätzens, die niederdrücken. Die Beziehung zum direkten Vorgesetzten ist deshalb auch die Achillesferse der Arbeitszufriedenheit (vgl. Sprenger, 2012, S. 261).
Weitergefasst könnte man sagen, dass die Beziehung zum direkten Vorgesetzten das Vertrauen, die Verbundenheit, die wahrgenommene Ungerechtigkeit bzw. Fairness, Motivation, Identifikation und damit auch Arbeitsplatzsicherheit und Arbeitsmarktfähigkeit beeinflusst. Die Einstellung, wie wir Beziehungen gestalten, wirkt sich auf unser Verhalten aus und dieses wiederum beeinflusst das Verhalten anderer.
Unmoralisches Verhalten hat einen grossen Radius von Ursachen und Wirkung, steht aber in den meisten Bereichen in Korrelation mit der Qualität der Beziehungen in Unternehmen.
Deshalb kann – auch unter Berücksichtigung der oben beschriebenen Punkte von Fehlverhalten allgemein von der These ausgegangen werden, dass gute Beziehungen moralisches Verhalten und schlechte Beziehungen unmoralisches Verhalten fördern.
Die amerikanischen Autoren Jennifer Kish-Gepart, David Harrison und Linda Klebe Treviño haben in den letzten 30 Jahren aus 170 Studien der psychologischen Forschung eine Metastudie zum Thema „Sources of Unethical Decisions at Work“, also Gründe für unmoralisches Verhalten erarbeitet. Mit Daten von knapp 44 000 Teilnehmenden haben sie das breite Feld der Gründe und Einflussfaktoren in die drei ausschlaggebenden Faktoren eingeteilt: bad apples (individuelle), bad cases (moralische) und bad barrels (organisationale) moralische Entscheide:

Die Übersicht der ausschlaggebenden Faktoren zeigt die Breite von Ursachen für unmoralisches Verhalten auf. Dennoch ist die Auflistung der Gründe nicht vollständig. „Nichtsdestotrotz kann es sein, dass schädigendes Verhalten aus Langeweile oder Spass entsteht“.
Die alte Weisheit, dass ein fauler Apfel die gesunden verdirbt, kommt nicht von ungefähr: Schlechte Angewohnheiten können sich verbreiten, anstecken oder kopiert werden ohne sie zu hinterfragen. Gerade neue Mitarbeitende, die sich anpassen wollen, übernehmen Handlungen von anderen, weil "man es hier so macht".
Die qualitative Schlecht-Erfüllung individueller, moralischer und organisationaler Faktoren fördert die Entstehung von unmoralischem Verhalten. Die qualitative Gut-Erfüllung fördert moralisches Verhalten. Deshalb kann zur Beantwortung der Frage, was die Entstehung von unmoralischem Verhalten am Arbeitsplatz fördert, auch im Umkehrschluss der Fokus auf die Förderung von moralischem Verhalten gerichtet werden, dazu abschliessend zehn Thesen:
Deshalb sind regelmässige Gesundheitschecks für Organisationen mit dem Fokus auf die Unternehmenskultur unabdingbar. Schliesslich gehen wir auch regelmässig zu einem Gesundheitscheck und lassen unseren Zustand von einer Fachperson bewerten. Oder?
Viel Freude beim Lernen, Ausprobieren, Anpassen & Verfeinern!
Manuela Broz
Kulturboosterin
In der Raketenwissenschaft ist ein Booster ein Hilfstriebwerk, das der Startrakete den nötigen Schub verleiht - ein Kulturbooster ist ein Verstärker der das Potential von Unternehmen und Individuen zum Abheben bringt.
Zur Autorin:
Manuela Broz begleitet seit 35 Jahren Unternehmen und Menschen in der Stärkung ihres Potentials mit Führung und Kulturberatung.
Sie bietet Coaching und Trainings für künftige und gestandene Führungskräfte, die ihre Transformationsrolle mit geschärftem Blick für unternehmerische und kulturelle Zusammenhänge verstehen und mit ansteckender Begeisterung umsetzen wollen.
Mehr Informationen auf kulturbooster.com
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